380 cm Reflektor

21.08.2018

Stationärer Reflektor der Sternwarte mit elektronisch gesteuerter Ausrichtung Der mit 3,8 m Durchmesser größte Reflektor ist das Kernstücke der Abteilung Radioastronomie der Sternwarte Südheide und steht auf dem Vereinsgelände am Ortsrand von Hermannsburg. Mit einer beweglichen Masse von 450 kg (Reflektor, Tragrahmen und Rotorkopf) und weiteren 500 kg für die stationäre Montierung benötigt er ein robustes Beton-Fundament. Da sich der Primärfokus ca. 3 m über dem Boden befindet, wurde seitlich eine Wartungsplattform angebaut.
Die für eine volle Bewegunsgfreiheit notwendigen Umbauarbeiten nahmen ca. ein Jahr in Anspruch, in dieser Zeit wurde die Antriebstechnik entwickelt und an dem 2,4 m Reflektor getestet.
Leerrohre führen zum benachbarten Teleskopgebäude, in dem sich auch ein optisches Teleskop (Newtonreflektor) mit einem 405 mm Spiegel und einer Brennweite von 1750 mm befindet.
Das Prinzip der Antriebstechnik wurde vom 2,4 m Reflektor übernommen (Zahnkranz für die horizontale, Linearantrieb für die vertikale Bewegung), allerdings werden hier leistungsstarke Schrittmotoren mit Vorsatzgetriebe verwendet. Um das Spiel im Horizontalantrieb zu minimieren, kommen außerdem zwei elektronisch gegeneinander verspannte Motoren zum Einsatz (linkes Bild). Damit wird in beiden Richtungen eine Winkelgenauigkeit von besser als 0,01° erreicht.
Die Ansteuerung der Motoren erfolgt über eine Steuereinheit mit ARM-Prozessor (Bild rechts). Dieser verfügt über eine Ethernet-Schnittstelle zur Übertragung von Parametern, Positionsanfragen und Statusmeldungen. Für den Notfall kann der Reflektor auch durch eine Art "Joystick" manuell bewegt werden. 
Um in der Parkposition die am Zahnkranz montierte elektromagnetische Arretierung zu entlasten, befindet sich an der Unterkante des Reflektors eine konische Rastvorrichtung, die auch bei hohen Windstärken unerwünschte Bewegungen des Reflektors sicher verhindert (Bild links). 
Bei gutem Wetter können die Messgeräte, mit denen die Radioastrahlung gemessen werden soll, im Freien aufgebaut werden (Bild rechts), bei schlechtem Wetter oder bei Langzeitmessungen ermöglichen die in den Leerrohren verlegten HF- und Steuerleitungen aber auch Messungen aus dem Teleskopgebäude heraus.
Nachdem alle mechanischen und elektrischen Umbauarbeiten abgeschlossen waren, war es im Frühsommer 2018 erstmalig möglich, gezielte Messungen mit dem 3,8 m Reflektor auszuführen. Da der Primärfokus zu diesem Zeitpunkt nicht für die Montage eines SAT-LNC geeignet war, konnte keine Referenzmessungen an den geostationären Satelliten vorgenommen werden. Statt dessen befand sich im Primärfokus ein speziell auf die H1-Linie von Wasserstoff bei 1,42 GHz abgestimmter Dipol, die Signale wurden mit einem SpectraCyber ausgewertet.
Das obere Bild rechts zeigt für einen Ausschnitt aus der Milchstraße die Verteilung stellaren Wasserstoffs (grün bis orange), der kleine rote Fleck im oberen Bereich wurde durch die Sonne verursacht, die während der Aufnahme durch das Blickfeld gewandert ist.
Das untere rechte Bild zeigt für einen der Messpunkte dieses Rasters die spektrale Verschiebung der Wasserstoff-Linie durch den Doppler-Effekt. Dieser wird durch die Rotation der Milchstraße verursacht und erlaubt Rückschlüsse auf die relative Geschwindigkeit, mit der sich die Gasmassen bewegen.

Vergleich der Kenndaten
Reflektor: 0,7 m 1,5 m 2,4 m 3,8 m 100 m (Effelsberg)
Beam-Angle bei 1,4 GHz 21,4° 10,0° 6,2° 3,94° 0,15°
Beam-Angle bei 10 GHz 3,0° 1,4° 0,87° 0,55° 0,02°
Pixel-Auflösung bei 1,4 GHz 68 (H: 17, E: 4) 324 (H:36, E: 9) 812 (H: 58, E: 14) 2,2 k (H: 94, E: 23) 1,44 M (H: 2400, E: 600)
Pixel-Auflösung bei 10 GHz 5,2 k (H: 145, E: 36) 23,8 k (H: 310, E: 78) 60,6 k (H: 493, E: 123) 160 k (H: 800, E: 200) 81 M (H: 18 000, E: 4 500)
Antennengewinn bei 1,4 GHz 19,9 dB 26,5 dB 30,6 dB 34,6 dB 63 dB
Antennengewinn bei 10 GHz 35,6 dB 42,2 dB 46,3 dB 50,3 dB 79 dB